Beifallsstürme für „Faltenradio“
Eigentlich sollten einem Rezensenten nicht die Worte ausgehen. Aber wie soll man den Auftritt der vier jungen österreichischen Musiker, die mit ihren wunderschönen Klarinettentönen wie eine menschliche Stimme tief ins Herz treffen, die der steirischen Ziehharmonika nie gehörte Klänge entlocken, die das Publikum zu wahren Beifallsstürmen mitreißen, beschreiben? Das Gesamtkunstwerk „Faltenradio“ muss man live erleben!

Ein paar Geheimnisse des Erfolges der vier Ausnahmemusiker seien trotzdem verraten. Gleich zu Beginn des Schlosskonzerts in Langenargen servierten Matthias Schorn, Soloklarinettist bei den Wiener Philharmonikern, und Alexander Neubauer, Klarinettist bei den Wiener Symphonikern, eine delikate Vorspeise mit den „Kegelbahn-Duetten“ des „spielsüchtigen“ Mozarts. Alexander Maurer, Moderator und Volksmusikant aus Leidenschaft mit einer innigen Liebe zur Ziehharmonika, fand nach einigem Suchen den Allrounder Stefan Prommegger im Publikum für die Bass-Klarinette. Und los ging es mit dem ersten Ländler, allerdings in einer höchst beeindruckenden Konzertfassung. Im pianississimo Trio hätte man eine Stecknadel im proppevollen Saal fallen hören können. Im Zwischengang lauschte man dem stimmungsvollen Gesang Prommeggers bei „Come Again“ des Renaissance-Komponisten J. Dowland. Nach einem kräftigen „Brunftschrei der Männer“, auch Jodler genannt, führte Maurer mit einem verträumten Harmonika-Solo wieder zurück in die Heimat des Quartetts. Das Carpaccio vor der Pause bestand aus einer gut gewürzten musikalischen Vorspeisenmischung à la Mozart und Brahms. Köstlich! Nach der Pause sphärische Klänge unterlegt mit ostinatem Cajon-Rhythmus. Schorn saß im Schneidersitz auf der Bühne und begann mit einer orientalisch anmutenden Beschwörungsformel auf der Klarinette. Behutsam folgte der Übergang zu zunächst verhaltenen Klezmer-Rufen. Mit freien Skalen und unglaublichen Spitzentönen, kongenial unterstützt von seinen Partnern, entstand ein überwältigendes Klanggemälde des jüdischen Klagegesangs. Das Cellokonzert von Gulda auf der Altklarinette? Virtuos, klangintensiv, gestaltete Neubauer seinen Solopart. Beim Parforce-Ritt durch alle möglichen Genres wie z.B. „Paroles,Paroles“ oder dem Klarinettenkonzert von A. Shaw mit viel Swing und Groove, verließen die vier Querdenker ausgetretene Pfade und überraschten immer aufs Neue. Dies führte dazu, dass das Publikum immer erst nach spannungsvollen Sekunden nach dem letzten Ton mit dem Applaus einsetzte. So gab es jedes Mal den einnehmenden Moment der Stille, den man sich öfters nach großartigen künstlerischen Leistungen wünscht. Dass sich dieses Quartett als Einheit versteht, sah man an den freundschaftlichen Umarmungen am Bühnenrand. Hoffentlich sieht und hört man „Faltenradio“ das nächste Jahr mit ihrem neuen Programm „ZOO“ in Langenargen wieder.