Faltenradio ist im Emailwerk – und sicher nicht nur dort – ein gerne gesehener Gast. Zum einen bürgt das Quartett für ausverkaufte Abende, zum anderen ist ein Faltenradio-Konzert eine Art musikalische Bewusstseinserweiterung. So auch das Programm „Landflucht“. Dabei sind die vier Herren nicht immer bequem. Ihr Zustand zur bierstemmenden und marschmusizierenden Landschicht reicht von ironischem Augenzwinkern bis zu ernstzunehmender Kritik an allerlei bigotten Manieren. Einem aber gilt Faltenradios ungeteilte Liebe – der echten Volksmusik, egal aus welchem Winkel Österreichs oder angrenzendem Ausland. Am Beispiel des Stücks „Links-Rechts Marsch“ von Anton Gmachl jun. wird diese Ambivalenz besonders gut hörbar. Die vier berufenen Musiker arbeiten die Charakteristik des Marsches so kristallklar heraus, dass es einem zeitweise fast unbehaglich wird. Zeitgleich möchte man ob des Talents, etwas auf den Punkt zu bringen, in Bewunderung versinken. Bewunderung ist auch einer der roten Fäden, der einen als Zuhörer durch den Abend führt. Die Auswahl der Stücke ist so divergent wie ihre Anmutung, der einzige gemeinsame Nenner, das verbindende Element durch das Programm, ist die unfassbare Virtuosität der vier Musiker, der man vom ersten Lied an erliegt. „Der Stampfer“ von Bela Bartok legte soeben noch Feuer im Gemüt, der „Hinke-Tanz“ von ebendem reißt einem ob der diffizilen Widergabe das pure Erstaunen aus dem Gesicht – dazwischen Mozarts „Adagio in F-Dur“, das eine barocke Tanzform zum Thema hat. Vollends aus der Fassung bringt Faltenradio den Zuhörer mit einem direkt anschließenden „Ich hab’s wollen wissen“ von Ludwig Hirsch in einer hinreißenden Eigenbearbeitung – und vokaler Begleitung. Ja – Bartok, Mozart, Bartok, Hirsch – genau so war es. Die Stretta des Kontrastprogramms kam aber erst. Mit Morten Lauridsens „O Magnum Mysterium“ für Harmonika und Klarinetten spielte Faltenradio das Publikum in die Pause, so ergreifend interpretiert, dass man sich zum Aufstehen zwingen musste. Auch im zweiten Teil des Abends entließen Alexander Maurer, Alexander Neubauer, Stefan Prommegger und Matthias Schorn das Publikum keine Sekunde in den Zustand der seligen Unterhaltung. Immer wieder überraschte die Formation mit neuen Zugängen zu bekannten Stücken oder bislang ungehörten Kleinoden von heiter-lebensfroh bis romantisch-verträumt. Das Lied „Gut wieder hier zu sein“ nutzte das Ensemble, um die Zuhörer aktiv in den Abend miteinzubeziehen, was auch hörbar gelang. Peter Roseggers Gedicht „Ein Freund ging nach Amerika“ verband Faltenradio kurzerhand mit Duettstücken von Bela Bartok, die Zuhörer lasen, Faltenradio spielte, die Atmosphäre glänzte. Die gerne gebrauchte Metapher von „etwas im Blut haben“ wirkt angesichts der Hingabe und virtuosen Leichtigkeit, mit denen die vier Herrn von Faltenradio ihre sprachlos machenden Kompositionen und Interpretationen an das Publikum herantragen, beinahe etwas abgenutzt. Dennoch ist es die nachvollziehbarste Darstellung dessen, mit dem Faltenradio begeistert und beeindruckt. Vieles kann man üben und lernen – manches nicht.