Alles andere als Musikantenstadl

Das Klarinetten-Festival „clariMondo“ des Bundes deutscher Blasmusikverbände (BDB) mit Sitz in Staufen brachte mit einem Konzert der österreichischen Band „Faltenradio“ ein spektakuläres Konzert ins Kurhaus von Bad Krozingen. Mit einem außergewöhnlichen Crossover-Mix aus Klassik, Volksmusik, Jazz und Pop begeisterten die vier Musiker die zahlreich erschienenen Musikfreunde.

Das Konzertmotto lautete „Landflucht“. Der geschäftsführende Präsident des BDB, Christoph Karle, äußerte sich in seiner Begrüßungsansprache erfreut darüber, dass das Festival nach zweijähriger Corona-Pause wieder stattfinden konnte. Diese Freude wurde sowohl vom Ensemble als auch vom Publikum geteilt, was sich bei der Darbietung des Songs „Gut wieder hier zu sein“, einem Arrangement von Faltenradio nach dem bekannten Hannes-Wader-Lied, deutlich zeigte. Nicht zuletzt darin, dass die Zuhörer begeistert mitsangen.

Das musikalische Konzept von „Faltenradio“ beruht auf Kontrasten. Angefangen hat alles schon in der Jugend der vier Musiker, natürlich mit volkstümlicher Blasmusik. Schon „der Pfarrer erkannte das Talent“ der Jungen und „schickte sie in die Stadt“ zum Studieren. Dort fand das Quartett den Weg zur Klassik und zu anderen Stilrichtungen, blieb jedoch der wahren Volksmusik stets treu. Mit viel Kreativität und Fantasie haben die vier, die sich selbst als „Landeier“ bezeichnen, einen einzigartigen Weg gefunden, alle Genres miteinander zu verbinden.

Musikanten aus Leidenschaft sind sie alle: Alexander Maurer, Alexander Neubauer, Stefan Prommegger und Matthias Schorn, Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker. Zum Einsatz kommen neben Klarinetten in verschiedenen Tonlagen auch eine Harmonika und sparsam eingesetztes Schlagwerk. Schon der Konzertauftakt ist eine Show für sich. Zu dem Takt eines Metronoms beginnt in langsamen Klangvariationen die melancholische Komposition „Ten Children“ des amerikanischen Bass-Klarinettisten Michael Loewenstern. Als das Publikum schon beinahe in Trance gefallen ist, wechselt das Quartett ohne Vorwarnung zu einem zünftigen Wirtshausmarsch von Anton Gmachl junior.

Und in diesem furiosen Tempo geht es weiter, immer auf dem Sprung zwischen Tradition und Moderne. Märsche, Polkas und Ländler kreuzen sich munter mit sakralen Weisen wie „O magnum Mysterium“ von Morten Lauridsen oder einem „Adagio“ von Mozart. Aber auch Reminiszenzen an Klezmermusik oder dem Tango Nuevo von Astor Piazzolla fließen in die Vorträge ein. Und egal, was sie spielen, Faltenradio faszinieren ihr Publikum. Selbstverständlich fehlt auch das Mottostück „Landflucht“ von Anton Gmachl junior nicht im Programm. Aber auch Gesellschaftskritisches wird präsentiert, wie der Song „Ich hab’s wollen wissen“, einem von der Band arrangierten Lied von Ludwig Hirsch. Zwar ist die Vokalinterpretation mit viel Melodram gespickt, doch letztlich passt es ins Gesamtbild des grandiosen Facettenreichtums, den Faltenradio in petto hat.

Hier sind vier Virtuosen am Werk, denn das geniale Element, das alle Darbietungen wie ein roter Faden durchzieht, geht auch dann nicht unter, wenn es mal in Klamauk und schrille Juchzer ausartet. Kantabile Bögen und sanfte Vokalisen, großartige Soli, versierte Improvisationen und kongeniale Musizierlust prägen die Darbietungen, technisches Können und Interpretationsvermögen sind hier einfach perfekt. Kein Wunder, dass immer wieder Applaus aufbrandet.

Die biographischen Andeutungen, welche die vier Musiker ab und an ins Programm einfließen lassen, sind einerseits unterhaltsam und echte Bekenntnisse zur ländlichen Tradition, andererseits wird da auch mancher Seitenhieb geführt gegen das allzu Volkstümliche. Denn wenn auch Faltenradio für die echte Volksmusik eine Lanze bricht, mit Musikantenstadl-Seligkeit hat das nichts zu tun.

Nach gut zwei Stunden hat das Publikum noch längst nicht genug. Nach dem eigentlichen Finale, einer sehnsuchtsvollen Interpretation von Robert Schumanns „Träumerei“, muss die Band noch mehrere Zugaben geben. Selbst nachdem Christoph Karle jedem der Musiker einen Badischen Winzersekt überreicht hat, gibt es noch ein fulminantes Da Capo mit „Rock me Amadeus“.

Fazit: Ein Konzert mit so vielen Überraschungen, dass als gemeinsamer Nenner die unbändige Musizierlust und Virtuosität dieser vier Vollblutmusiker bleibt.